Mittwoch, 20. Februar 2013

Erfahrungen aus fünf Jahren Weitwandern: die Ausrüstung

Schwitzen in Jeans (Dürre Wand)
2008 bin ich die erste Test-Tagestour mit einem von meiner Freundin geliehenen, riesengroßen Billig-Rucksack, recht weichen und ausgelatschten Bergschuhen aus meiner Teenagerzeit (Koflach?) und Kleidern, die halt so im Schrank rumlagen, gegangen. Ein Baumwoll-T-Shirt, Jeans, ein 70er-Jahre-Kurzarmhemd aus 65% Polyester und 35% Baumwolle (in jedem Second-Hand-Laden für 5 Euro zu haben, tolles Material zum Wandern, Empfehlung!), eine gewalkte (!), sauschwere H&M-Wolljacke, eine dünne Zara-Merino-Wollweste (meiner Zeit voraus!), Tennissocken etc. Das einzige, was ich mir extra gekauft hatte, war eine Billig-Regenjacke von Intersport, Typ roter Mistsack, und eine halbbillige Intersport-Regenhose (Aquamax, die benutze ich tatsächlich heute noch). Es war ein schwüler, regnerischer Tag und entsprechend rannte mir der Schweiß runter, den Rucksack konnte man vor Gestank nach der Ankunft in Wien Rodaun eigentlich nur mehr entsorgen. Zusätzlich haben mir die Füße nach der 10-Stunden-Tour noch tagelang so weh getan, dass ich kaum richtig gehen konnte.

Man lernt recht schnell. In dem Jahr kamen dann noch eine kurze billige Baumwollhose von H&M und ein (schrecklich kratziges) Löffler-Kunstfaser-Funktionsshirt aus dem Ausverkauf dazu. Und, zwei wesentliche Dinge: erstens sogenannte Trekkingschuhe (Modell "Hanwag Yukon", ahem, "Lady", Größe 43). Die haben mich Nerven gekostet, da meine Füße so gar nicht zu den gängigen Schuhleisten passen wollen, stundenlange Probiersessions waren die Folge (mitterweile bin ich bei La Sportiva gelandet und recht zufrieden). Zweitens ein 42-Liter-Rucksack von Deuter. Damit ging ich durchs Tote Gebirge, ins Karwendel und ins Gesäuse, außerdem einige Tagestouren in Niederösterreich.
Auf der Brotfallscharte (Totes Gebirge) in der schweren H&M-Walkjacke
Doch bald schon stellte sich heraus, dass meine Minimalbudgetausrüstung einen wesentlichen Schwachpunkt hatte: das Gewicht. Gerade beim mehrtägigen Bergsteigen ist ein möglichst leichter Rucksack eine Garantie für mehr Leistungsfähigkeit und daher auch mehr Vergnügen. Die einfachste Art, das zu erzielen, ist der "Mut zur Lücke". D.h., erst mal alles weglassen, was man nicht unbedingt braucht, ohne Abstriche bei der Sicherheit zu machen. Das wiederum wird erleichtert, indem man sich als erstes einen möglichst kleinen Rucksack besorgt. Der alte Deuter hat mir ohnenhin von der Rückenlänge her nicht gut gepasst, und hatte so einen Netzrücken, der der Stabilität beim Kraxeln eher abträglich ist. Daher wurde er verkauft und durch einen Deuter Guide 35l ersetzt, in den auch noch gleich der Wasservorrat im Camelbak kam, der bisher außen zusätzlich befestigt war. Viel weniger Platz, viel weniger unnützes Zeug (mitterweile gehe ich unterhalb des hochalpinen Bereichs eher mit einem 24l-Modell). Weitwandern und leichte Ausrüstung sind einfach eine perfekte Kombination.
Schon viel leichter auf dem Zugspitzgipfel
Nach und nach wurden dann Ausrüstung und Bekleidung durch funktionellere, besser zu packende und leichtere Gegenstände ersetzt. Herrjeh, kostet alles Geld, zum Glück hat sich mein Monatsverdienst in der Zeit halbwegs verbessert. Für Leichtwandern gibt es ohnhin Foren, eigene Shops und Literatur. Für Weitwandereinsteiger hier aber noch sieben ganz konkrete Tipps, die den Anfang erleichtern können, ohne sich gleich in Unkosten stürzen zu müssen:
  1. Etwas weglassen. Z.B. unnütze Wechselwäsche: 2 Unterhosen, 2 T-Shirts, 2 Paar Socken reichen locker für eine Woche.
  2. Etwas weglassen. Z.B. Proviant, bis auf eine Notfallration (Riegel). Im Ostalpenbereich kommt man fast überall alle paar Stunden an Stützpunkten vorbei, von denen man sich gerne bewirten lässt, weil's eh besser und wärmer schmeckt als die mitgebrachte Jause. Die man dann wieder bis nach Hause schleppt. Setzt natürlich voraus, dass das Budget passt.
  3. Etwas weglassen. Z.B. redundante Oberbekeidung wie dieses neumodische Teufelszeug, die Softshell-Jacke. Windabweisendes Fleece (z.B. Power Stretch - für alles super, Pulli, Handschuhe, Haube, warme Unterwäsche) und Regenjacke, die man ohnehin dabei hat, tun's auch.
  4. Richtige Jacke: die Zeiten der fetten Anoraks und "Doppeljacken" mit 1 kg+ sind vorbei. Regenjacken sollten nicht mehr als 300-500 g wiegen, wobei die Haltbarkeit der Stoffe in dieser Gewichtsklasse sehr unterschiedlich ist.
  5. Nicht mit warmen Sachen übertreiben: Kälteempfinden ist zwar sehr subjektiv, trotzdem tendieren Unerfahrene dazu, sich zu viel einzupacken. Beim Gehen wird einem aber nicht so schnell kalt, wie man denkt, und wenn man schon am Anfang zu viel anhat, schwitzt man in Kürze elendiglich. Wenn es doch kuschelig ist, geht man vielleicht nur zu wenig ambitioniert. Gewisse Reserven sollten je nach erwarteter Witterung allerdings eingeplant sein.
  6. Richtiger Rucksack: es gibt sehr gute und stabile Modelle um die 30 Liter unter einem Kilo. Spart einiges an Gewicht.
  7. Richtiger Hüttenschlafsack. Einer aus Seide wiegt ein Drittel und packt auf ein Drittel eines Standard-Baumwollschlafsacks. Und bloß nicht auf die Idee kommen, für Hüttenübernachtungen einen isolierten Schlafsack einzupacken!
Viel geht auch bei technischer Ausrüstung, Steigeisen, Seil, Helm, aber das sprengt erst mal den Rahmen und geht außerdem besonders ins Geld. Zu meiner Ausrüstung 2013 wird es beizeiten einen eigenen Post geben.

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