Dienstag, 26. Juli 2016

06.07.2016: Etappe III-2 (Hafnergruppe)

Am Gipfel des Weinschnabels (2.754 m)
Heute mussten wir erstmal büßen. Büßen dafür, dass wir gestern nicht mit unserer in der Tappenkarseehütte gekauften Jause (das Käsbrot wanderte eineinhalb Tage später in den Mist, das Speckbrot ging weg) den Weg zum verpflegungslosen Albertbiwak genommen hatten, sondern die bekochte Schweinsbraten-Sticklerhütte aufgesucht hatten.

Ca. 2 relativ überflüssige Stunden ging es von der Hütte mühsam durch Blockwerk 700 Höhenmeter hinauf zum Albertbiwak (2.428 m) und dann auf die knapp darüber befindliche Schmalzscharte (2.444 m). Vorbei am sehr netten Murursprung - die entspringt nämlich hier im Lungau, nix Steiermark. Eine gewaltige Karstquelle.
Am Murursprung (1.898 m)
Das Biwak ist übrigens ausgeprochen wohnlich, sechs breite Lager mit Daunendecken stehen zur Verfügung, eine gemütliche Sitzecke, Brauchwasser, ein halbautomatischer Abort, allerdings keine Kochgelegenheit. Das alles nur für 5 Euro die Nacht, absolut zu empfehlen, wenn man rechtzeitig kommt.
Alberbiwak (2.428 m) und Schmalzscharte (2.444 m)
Gruß aus der flachsten Gemeinde Österreichs beim Albertbiwak
Von der Schmalzscharte sieht man bei entsprechender Sicht den gesamten Weiterweg bis auf den Gipfel des Weinschnabels, und der hat es zumindest im ersten Stück in sich. So sehr in sich, dass Kollege Gtwo hier, obschon mit Pickel und Eisen ausgerüstet, den Rückzug antrat und ich die verbleibenden zwei Tage solo weiter zog. Die westliche Seite eines Kessels, in dem sich der Schwarzsee befindet, muss umrundet werden. Erst sehr sehr steil in grasigen, versicherten Kehren hinab, dann quert man zumindest Anfang Juli steile firngefüllte Rinnen - Pickel absolut empfohlen. Schließlich über eine senkrechte und ausgesetzte, aber ebenfalls versicherte Felsstufe hinauf in die Muritzenscharte (2.386 m).
Den Hang geht's entlang zur Muritzenscharte (2.386 m)
Ganzjährige Schneefelder am Aufstieg zum Weinschnabel
Sicherlich die bisher anspruchsvollste Passage am Hauptweg des 02ers. Ab der Muritzenscharte wird es etwas gemächlicher, über plattigen Fels und tw. offenbar ganzjährige Firnfelder geht es die Nordflanke des Weinschnabels bergan. Gegen Ende wird es noch einmal steiler, so dass der Pickel (ausnahmsweise Werbung: Petzl Glacier Literide - superleicht, günstig, perfekt verarbeitet in France, immer gerne dabei!) gute Dienste leistete. Allerdings besteht nie ernsthafte Absturzgefahr. Auch die Hände werden nicht gebraucht, trotzdem durchaus schon hochalpin.
Rückblick zu den Schwarzseen
Hier die Spur entlang ging's
Auf dem Gipfel des Weinschnabels (2.754 m), der südseitig noch immer von meterhohen (!) Wächten eingefasst war, dann wieder ein grandioser Rundblick, einerseits tief runter zum Kölnbreinspeicher, andererseits zu den prägenden Gipfeln der Umgebung, dem Hafner (3.076 m), der Hochalmspitze (3.360 m) und dem Ankogel (3.252 m). Den Hafner hatte ich mir ursprünglich als kleinen Gipfelumweg vorgenommen, mangels Tälerbus zur Sticklerhütte (fährt erst ab 2. Juliwoche) und wegen der mäßigen Wettervorhersage hatte ich allerdings umdisponiert: ich würde dem Hauptweg des 02ers folgen und am nächsten Tag den Ankogel mitnehmen. So viel vorab: das war eine gute Entscheidung...
Tiefblick vom Weinschnabel (2.754 m) - Marchkarscharte (2.384 m) - Kölnbreinspeicher (1.916 m) 
Aussicht vom Weinschnabel (2.754 m)
So nett war es hier heroben, dass mir gar nicht bewusst war, dass von Nordwesten her ein Unwetter aufzog. Als das schon ziemlich nahe war, hieß es Beine in die Hand nehmen und runter vom Berg. Auch die Südflanke des Weinschnabels war allerdings komplett firnbedeckt, so dass keinerlei Markierungen zu sehen waren. In der Eile versuchte ich daher erst mal den Westgrat über grobes und wackeliges Blockwerk abzusteigen, was allerdings so viel Zeit in Anspruch nahm, dass ich doch wieder auf (relativ flachen) Firn umstieg und ins Blaue Richtung Marchkarscharte (2.384 m) zielte. Mittlerweile setzte Regen ein, vom Gewitter blieb ich aber glücklicherweise verschont. Ab der Marchkarscharte war auch die Wegfindung kein Thema mehr.
Osnabrücker Hütte (2.026 m) mit Großelendkopf und -kees
Fallbachtal- und fall
Nach einem sehr steilen Abstieg kam ich durchnässt am Kölnbreinspeicher (1.916 m) an und gönnte mir in der dortigen Jägersteighütte ein Bierchen. Übrigens war ich ganz plötzlich in Kärnten, ohne es zu merken... ein Kurzbesuch beim Denkmal für die beim Bau des Staudammes verunglückten 24 (ein Wahnsinn eigentlich!) Arbeiter machte ich mich auf den eineinhalbstündigen Asphalthatscher (zieht sich!) zur unfassbar geil mit Blick auf das Großelendkees gelegenen Osnabrücker Hütte (2.026 m) und ließ meine nassen Knochen auf der erschütternd schütter besuchten Hütte (außer mir vier Gäste) mit Ritschert und Kärntner Nudeln trösten. Was für ein lässiger Tag im Nationalpark Hohe Tauern!

Eckdaten:
  • Etappe 2 (14 km): Sticklerhütte (1.752 m) - Murursprung (1.898 m) - Albert-Biwak (2.428 m) - Schmalzscharte (2.444 m) - Muritzenscharte (2.386 m) - Weinschnabel (2.754 m) - Marchkarscharte (2.384 m) - Kölnbreinspeicher (1.916 m) - Osnabrücker Hütte (2.026 m).
  • Nettogehzeit: ca. 8 Std.
Etappeneinteilung, Kilometer- und Höhenangaben: Käfer & Käfer, 2011  

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